Argument #4: „Man muss nicht alles beweisen – man kann nicht einmal beweisen, dass die Realität existiert.“ (Solipsismus)

Religiöse Argumente unter der LupeBehauptung: „Man muss nicht alles beweisen – man kann nicht einmal beweisen, dass die Realität existiert.“ (Solipsismus)

Antwort: Das ist strenggenommen richtig.

All unsere Wahrnehmungen kommen von unseren Sinnesorganen und werden vom Gehirn zusammengesetzt und interpretiert. Und deswegen können wir nie mit letzter Gewissheit wissen, ob unsere Wahrnehmung wirklich eine objektiv vorhandene Aussenwelt repräsentiert.

Die Haltung, davon auszugehen, dass dem nicht so ist, nennt man Solipsismus.

SolipsismusDie Sache ist die: Selbst wenn unsere Realität nicht die «echte Realität» sein sollte – dann hätten wir keinen Zugriff auf die «echte Realität». Wir sind an unsere Realität und die in ihr geltenden Regeln gebunden.

Und in dieser Realität gilt: Manche Dinge existieren und andere nicht.

Und die verlässlichste Methode, um zwischen diesen Dingen zu unterscheiden, ist es, vernünftig zu sein und sich auf Belege und Argumente zu stützen.

Repost des Beitrages mit freundlicher Genehmigung des Autors.

2 Gedanken zu „Argument #4: „Man muss nicht alles beweisen – man kann nicht einmal beweisen, dass die Realität existiert.“ (Solipsismus)“

  1. Ich würde gerne noch ergänzen, wie dieses Argument in Debatten missbraucht wird. Es wird nach meiner Erfahrung vor allem als Ablenkungsmanöver verwendet.

    Die „religiöse Seite“ wird in einer Debatte zuerst unbekümmert einen Haufen sehr detaillierter Behauptungen aufstellen, etwa über die Eigenschaften von Gott, seine Gebote, seine Pläne und seine Beweggründe. Darunter befinden sich auch viele Behauptungen, die sich auf die irdische Welt beziehen, auf das Hier und Jetzt, sodass sie sich leicht nachprüfen ließen. Etwa: Hat Beten tatsächlich die erhoffte Wirkung?

    Aber sobald die „atheistische Seite“ daran geht, diese Behauptungen zu untersuchen und deren Auswirkungen zu prüfen, wird sofort eine Kehrtwende eingeleitet. Dann heißt es plötzlich, man könne ja noch nichtmal wissen, ob man überhaupt „irgendetwas“ wissen könne, oder ob die Realität tatsächlich real existiere. Das wird dann mit viel philosophisch klingendem Brimborium vorgetragen und vernebelt.

    Die religiösen Behauptungen werden stets mit breitem Pinsel gemalt. Es geht um Gottes großen Plan, nicht um Details. Aber sobald Kritik geäußert wird, verschiebt man die Debatte schnell in den Bereich winzigster Spitzfindigkeiten, von denen man weiß, dass sie zu nichts führen. Das Argument wird dazu verwendet, um die Debatte ins Leere laufen zu lassen.

    Wenn es einer Klärung bedarf, ob die Realität existiert, dann bedarf es auch einer Klärung, ob das Jenseits existiert. Wenn man nichts sicher wissen dann, dann betrifft es auch die Äußerungen des Herrn Bischof.

  2. Vorweg:
    Ich finde die Serie „Religiöse Argumente unter der Lupe“ sehr gut und wichtig.
    Aber in diesem Beitrag wird der Solipsismus, der in diesem Beitrag relevant ist, unzutreffend dargestellt und obendrein hat der Autor leider eine falsche Erkenntnistheorie, den Phänomenalismus, als Argumentationbasis gewählt.

    Erstens: Wenn zum Solipsismus als Argument gegriffen wird, hat das Argument ein Problem.
    Zweitens: Ich halte den Solipsismus ebenso wie alle radikal-konstruktivistischen oder subjektiv-idealistischen Positionen für Unarten des Denkens.
    Um Arthur Schopenhauer zu zitieren: „Ein Solipsist ist ein in ein uneinnehmbares Blockhaus verschanzter Irrer.“

    Der Solipsismus geht davon aus, dass nur das eigene Bewusstsein jetzt existiere.
    Häufiger Ausgangspunkt solcher Bedenken ist die Auffassung, dass es unmöglich sei, Gewissheit über eine Realität außerhalb des eigenen Bewusstseins zu erlangen.

    Für den Kontext dieses Kommentars ist der metaphysische Solipsismus (nur das eigene Bewusstsein existiert jetzt und nichts außerhalb des eigenen Bewusstseins existiert, auch kein anderes Bewusstsein) und der epistemologische Solipsismus (Erkenntnisse über die Außenwelt sind abhängig von den jeweiligen mentalen Zuständen [also dem jetzigen Bewusstseinszustand] des erkennenden Individuums) relevant.
    Anmerkung: Eine/ein konsequente/-r Solipsistin/Solipsist dürfte nicht einmal von einem „erkennenden Individuum“ sprechen, da es nichts anderes gibt außer ihrem/seinem jetzigen Bewusstsein.

    In diesem Beitrag heißt es:
    „All unsere Wahrnehmungen kommen von unseren Sinnesorganen und werden vom Gehirn zusammengesetzt und interpretiert. Und deswegen können wir nie mit letzter Gewissheit wissen, ob unsere Wahrnehmung wirklich eine objektiv vorhandene Außenwelt repräsentiert.
    Die Haltung, davon auszugehen, dass dem nicht so ist, nennt man Solipsismus.“

    Zum einen handelt es sich hier um die epistemologische Position des hypothetischen Realismus.
    Dieser besagt ontologisch, dass 1. es mindestens eine vom Menschen unabhängige Realität gebe; 2. diese Realität eine Struktur habe, wonach kausale Relationen (Ursache-Wirkungs-Beziehungen) objektiv existieren.
    Und er besagt gnoseologisch, dass diese realen Strukturen zumindest näherungs- beziehungsweise teilweise zu erkennen seien (struktureller Realismus).

    Zum anderen handelt es sich um die ontologische Position des metaphysischen Solipsismus, wonach nur das eigene Bewusstsein jetzt existiere und nichts außerhalb des eigenen Bewusstseins existiere, auch kein anderes Bewusstsein.

    Diese Aussage enthält deshalb ein non sequitur.

    Denn auch wenn es keine Sicherheit gäbe – und (angeblich!) gibt es diese wirklich nicht –, dass es tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gäbe, folgte daraus nicht, dass es keine objektiv vorhandene Außenwelt gäbe, weil die Welt (= der Kosmos/das Universum/das Weltall) bloß eine „Traumvision“ (dieser Begriff steht in Anführungszeichen, da die Empfindungen des erkennenden Individuums gemäß dem Solipsismus kein gegenstandsloser Traum sein können) eines singulären Bewusstseins wäre.

    Die Welt könnte auch ein (kollektiver Menschheits-)Traum oder eine (Computer-)Simulation sein.

    Diese Unplausibilitäten sind alle denkmöglich.
    Und wie sollte zwischen ihnen unterschieden werden?
    Genauso ist es unmöglich, zu begründen, geschweige zu beweisen, dass die Empfindungen eines sich als solipsistisch betrachtenden Individuums kein Traum, sondern etwas anderes sind. Dies geht nur mit der willkürlichen Behauptung dieses Individuums, dass es wach sei und es deshalb nicht träume, sondern durch sein jetziges Bewusstsein empfinde. Aber wie gesagt: Wie soll das begründet, geschweige denn bewiesen werden?

    Aber es kann ebenso angenommen werden, dass es, obwohl wir dessen nie letztbegründet sicher sein können, tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gebe, obwohl all unsere Wahrnehmungen von unseren Sinnesorganen kommen und vom Gehirn zusammengesetzt und interpretiert werden.

    Es ist logisch weder zwingend, anzunehmen, dass die Welt bloß eine „Traumvision“ eines singulären Bewusstseins, ein (kollektiver Menschheits-)Traum oder eine (Computer-)Simulation sei noch, dass es tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gebe.

    Aber es gibt rationale Argumente, davon auszugehen, dass es tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gibt.

    An dieser Stelle das folgende Bonmot von Rupert Riedl:
    „Ich bin persönlich überzeugt, dass ich einen ganzen Solipsistenkongress mit einem entkommenen wilden Nashorn in die Flucht treiben könnte.“

    Der Rest dieses Beitrages ist leider eine Fehlargumentation.
    Zum einen es ist zugegeben auch wirklich echt schwierig, wenn der Solipsismus ins Spiel gebracht wird, ihn konsequent in allen Ausführungen durchzuhalten.
    Zum anderen wird eine erkenntnistheoretische Position dargestellt, die sich gar nicht unter Annahme des metaphysischen oder des epistemologischen Solipsismus ergibt.

    Noch einmal:
    Der Solipsismus geht davon aus, dass nur das eigene Bewusstsein jetzt existiere.

    Der metaphysische Solipsismus behauptet, dass nur das eigene Bewusstsein jetzt existiere und nichts außerhalb des eigenen Bewusstseins existiere, auch kein anderes Bewusstsein.
    Der epistemologische Solipsismus behauptet, dass Erkenntnisse über die Außenwelt abhängig vom jetzigen Bewusstseinszustand des erkennenden Individuums seien.

    Träfe der metaphysische Solipsismus zu, gäbe es – und das ist willkürlich, weil jede/-r, die/der diese ontologische Position verträte, davon ausginge, dass ihr/sein Bewusstsein als einziges jetzt existierte – nur das jetzige Bewusstsein der-/desjenigen, der diese ontologische Position verträte.

    Träfe der epistemologische Solipsismus zu, gäbe es zwar eine objektive Außenwelt, aber nur das wäre als Erkenntnis über sie relevant, was ein sich als solipsistisch betrachtendes Individuum aufgrund seines jetzigen Bewusstseinszustandes (an-)erkennt und ein wenigstens näherungs- beziehungsweise teilweises objektives Erkennen dieser objektiven Außenwelt wäre unmöglich.

    „Die Sache ist die: Selbst wenn unsere Realität nicht die ‚echte Realität‘ sein sollte – dann hätten wir keinen Zugriff auf die ‚echte Realität‘. Wir sind an unsere Realität und die in ihr geltenden Regeln gebunden.“

    Wäre dies eine Darstellung der epistemologischen Position, wie sie sich unter Annahme des metaphysischen oder des epistemologischen Solipsismus ergäbe, wäre es falsch, im Plural zu sprechen („unsere“; „wir“).

    Dies illustriert wunderbar der folgende Witz: Treffen sich zwei Solipsisten.

    Auch kann unter Annahme des metaphysischen oder des epistemologischen Solipsismus gar nicht von „unserer Realität“ oder von „echter Realität“ gesprochen werden, da dahingehend gar nicht unterschieden werden kann.
    Es gibt nur die „Realität“ – oder besser: das/den jetzige/-n Bewusstsein/Bewusstseinszustand – das/den ein sich als solipsistisch betrachtendes Individuum hat.

    Aber es wird mit diesen Ausführungen gar nicht die gnoseologische Position, wie sie sich unter Annahme des metaphysischen oder des epistemologischen Solipsismus ergäbe, dargestellt, sondern die Erkenntnistheorie von Immanuel Kant, der Phänomenalismus.

    Denn durch die reinen Anschauungen Raum und Zeit unterscheidet der Mensch laut Kant einen äußeren Sinn, in dem ihm Vorstellungen im Raum nebeneinander gegeben sind.
    Der Mensch hat andererseits einen inneren Sinn, mit dem er Vorstellungen als zeitliche Abfolge erlebt.
    Die reinen Anschauungen Raum und Zeit sind damit die Formen aller sinnlichen Vorstellungen von Gegenständen überhaupt, weil der Mensch sich diese ohne Raum und Zeit nicht vorstellen kann.
    Die Sinne sind rezeptiv, das heißt sie enthalten Vorstellungen nur, wenn sie von einer begrifflich nicht fassbaren Außenwelt (dem Ding an sich selbst) affiziert werden.
    Nach Kant erkennt der Mensch nicht das Ding an sich, sondern nur dessen Erscheinung, was es für ihn ist. Die Erscheinung ist das, was das erkennende Subjekt als Gegenstand einer durch die Sinnlichkeit gegebenen Anschauung erkennt.
    Dabei sind die allgemeinsten Regeln, unter denen die Dinge, wie der Mensch sie erkennt, stehen, die Strukturen der Sinnlichkeit und des Verstandes.
    Der Mensch erkennt aufgrund seiner eigenen persönlichen Erkenntnisfähigkeit und weiß nicht, ob diese Erkenntnis tatsächlich eine Entsprechung in der Außenwelt hat.
    So, wie der Mensch sich die Welt vorstellt, gibt es Gegenstände, deren Wirkung von den Sinnen aufgenommen wird – die Sinnlichkeit wird affiziert. Der Mensch bemerkt allerdings nur die Ergebnisse dieser Affektion, die sinnlichen Anschauungen. Die Erscheinungen werden ihm nur als räumliche Gegenstände gegeben. Das Räumlichsein ist sogar die Bedingung ihrer Existenz.
    Die Außenwelt, wenn sie als die Gesamtheit der Erscheinungen verstanden wird, ist dabei bereits eine „subjektive“ Vorstellung.
    Raum und Zeit aber sind reine Formen der menschlichen Anschauung und gelten nicht für Gegenstände an sich.
    Dies bedeutet, dass Erkenntnis immer vom Subjekt abhängig ist.
    Die Realität des Menschen sind die Erscheinungen, das heißt alles, was für ihn in Raum und Zeit ist. Dass der Mensch sich keine Gegenstände ohne Raum und Zeit vorstellen kann, liegt nach Kant an seiner Beschränktheit und nicht in den Gegenständen an sich.
    Ob Raum und Zeit in den Dingen an sich existieren, kann der Mensch nicht wissen.

    Nun ist zum einen der Phänomenalismus kein Argument für die Existenz (eines) Gottes, denn gingen wir davon aus, dass sich in den Anschauungen/Phänomenen nicht auch intrinsische Eigenschaften realer Dinge widerspiegeln, wäre es völlig sinnlos anzunehmen, dass es möglich sei, etwas über die Welt in Erfahrung zu bringen.
    Wer die Meinung vertritt, dass die (Natur-)Wissenschaften nicht hinter bloße Erscheinungen blicken (können), sagt nicht anderes, als dass wir lediglich unsere Hirngespinste „erforschen“.
    Der hypothetische Realismus, der annimmt, dass es tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gebe, die teilweise wahrgenommen und erforscht werden könne, wäre dann falsch.
    Und dann wären Aussagen, dass es Hinweise für die Existenz (eines) Gottes gebe, erst recht sinnlos.

    Zum anderen ist der Phänomenalismus nicht konsequent und aufgrund dieses Denkfehlers widerlegt.
    Denn wenn das Ding an sich unerkennbar sei, woher kommt dann das Wissen, dass es überhaupt existiere, dass es mehrere gebe und dass sie uns affizieren?
    Kant ist bezüglich seines Dinges an sich einer Tautologie anheim gefallen: Denn offensichtlich muss das Ding an sich entweder schon erkannt worden sein (es muss etwas über es gewusst werden), um sagen zu können, dass es nicht erkennbar sei. Oder die Aussage lautet nur „Etwas, das nicht zu erkennen ist, ist nicht zu erkennen“.

    Unabhängig davon sind Kants Vorstellungen von Raum und Zeit, die auf der Physik Isaac Newtons basieren, falsch.

    Aber es muss bei der oben zitierten Aussage schon die Formulierung kritisiert werden. Denn es gibt nur eine Realität, die von verschiedenen Individuen auf unterschiedliche Weise repräsentiert/erkannt werden kann.
    Es ist trivial, dass „unsere Realität“ immer nur heißen kann „unsere Realitätsmodelle“.
    Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es die Möglichkeit, unsere Realitätsmodelle in Interaktion mit der „echten Realität“ zu verbessern, das heißt wir können wenigstens näherungs- beziehungsweise teilweise wahre Erkenntnis gewinnen; oder wir können gar keine Erkenntnis gewinnen, das heißt unsere „Modelle“ sind gar keine, sondern reine Fantasieprodukte.

    Was heißt jetzt „Wir sind an unsere Realität und die in ihr geltenden Regeln gebunden“? Wenn das nur heißt, dass in unserem Kopf nur Modelle sind und nicht die Dinge selbst, ist das trivial.
    Natürlich ist nicht der Baum da draußen in meinem Kopf, sondern nur ein Modell, eine Repräsentation, dieses Baumes.
    Wie wird sich denn der Zugang zur „echten Realität“ eigentlich sonst vorgestellt? Soll das irgendeine mystische Schau sein oder ein esoterisches Verschmelzen mit dem Ding selbst?
    „Wahre Erkenntnis“ kann nur heißen, dass unsere Realitätsmodelle so viele Eigenschaften der realen Dinge wie möglich korrekt erfassen (sollen). Da vermutlich nie alle Eigenschaften korrekt erfasst werden können, gibt es aus praktischen Gründen vermutlich immer nur näherungs- beziehungsweise teilweise wahre Erkenntnis.

    „Und in dieser Realität gilt: Manche Dinge existieren und andere nicht.
    Und die verlässlichste Methode, um zwischen diesen Dingen zu unterscheiden, ist es, vernünftig zu sein und sich auf Belege und Argumente zu stützen.“

    Falsch.
    Wäre dies eine Darstellung der epistemologischen Position, wie sie sich unter Annahme des metaphysischen oder des epistemologischen Solipsismus ergäbe, gäbe es in diesem Sinn gar keine Realität, sondern nur die „Realität“ – oder besser: das/den jetzige/-n Bewusstsein/Bewusstseinszustand – den ein sich als solipsistisch betrachtendes Individuum hätte.
    Unter der Annahme des metaphysischen Solipsismus kann es alles und nichts geben.
    „Argument“, „Beleg“ und „Vernunft“ sind unter dieser Annahme keine sinnvollen Kategorien.
    Und unter der der Annahme des epistemologischen Solipsismus ist nur das relevant, was ein sich als solipsistisch betrachtendes Individuum aufgrund seines jetzigen Bewusstseinszustandes (an-)erkennt.
    Auch unter dieser Annahme sind „Argument“, „Beleg“ und „Vernunft“ keine sinnvollen Kategorien.

    Aber diese Aussage folgt aus der unzutreffenden Auffassung des Phänomenalismus und ist falsch.
    Aber auch wenn sie aus der zutreffenden Auffassung des Phänomenalismus folgte, wäre sie falsch, da der Phänomenalismus widerlegt ist.

    Noch einmal:
    Es gibt nur eine Realität, über die Modelle aufgestellt werden.
    Und diese/unsere Realitätsmodelle müssen getestet werden, damit entschieden werden kann, welche Realitätsmodelle die Realität besser repräsentieren.
    Dadurch können wir hoffen – ohne es jemals letztbegründet wissen zu können – dass wir Realitätsmodelle haben, die immer besser/genauer immer mehr Eigenschaften der realen Dinge korrekt erfassen.
    Unter dieser Prämisse ist auch (ein) Gott eine Hypothese, die sich testen lassen kann, indem die über ihn getroffenen Aussagen/Definitionen anhand des Wissens, das (bisher) über die Welt erlangt worden ist, überprüft werden.

    Nun zu einer stringenten Argumentation.

    Stephen Hawking hat gesagt: „Ich habe beobachtet, dass sogar Leute, die behaupten, alles ist vorherbestimmt und wir können nichts tun, es zu verändern, schauen, bevor sie die Straße überqueren.“

    Ich behaupte, dass sogar der/die konsequenteste metaphysische oder epistemologische Solipsist/-in ebenfalls nach links und rechts sieht, bevor er/sie eine Straße überquert.
    Oder dass er/sie nicht aus einem Fenster im vierten Stockwerk springt, um eine Runde herumzufliegen, indem er/sie sich seine/ihre „Traumvision“ der Gravitation für einen bestimmten Zeitraum wegdenkt.

    Allerdings: Nur bei einer radikal-konstruktivistischen oder solipsistischen oder subjektiv-idealistischen ontologischen oder gnoseologischen Position kann (ein) Gott „existieren“.
    Denn dann wäre ontologisch (und dann auch erkenntnistheoretisch) oder epistemologisch alles konstruiert.
    Oder die „Traumvisionen“, welche aus dem jetzigen Bewusstsein/Bewusstseinszustand der-/desjenigen, die/der diese Ontologie (und dann auch diese Gnoseologie) oder diese Erkenntnistheorie verträte, kämen und somit auch (ein) Gott wären auf diese Weise „existent“.

    Aber unter der Voraussetzung einer solchen Ontologie (und dann auch Epistemologie) oder Gnoseologie wäre ein Abgrenzungskriterium zwischen einer erfolgenden näherungs- beziehungsweise teilweisen korrekten Rekonstruktion von etwas objektiv Seiendem und einer bloßen Einbildung/Täuschung unmöglich. Es gäbe keine Möglichkeit, dahingehend zu differenzieren.
    Und dann wäre (ein) Gott tatsächlich nur das: Eine Konstruktion oder ein Ergebnis des jetzigen Bewusstseins/-zustandes eines Menschen, der eine derartige Ontologie (und dann auch Erkenntnistheorie) oder Epistemologie verträte.
    Und für jeden anderen Menschen – egal ob er auch eine derartige Ontologie (und dann auch Gnoseologie) oder Erkenntnistheorie verträte oder nicht – hätte dies keine Relevanz.

    Aber damit werden sich Theistinnen/Theisten vermutlich nicht zufriedengeben.

    Ein/-e radikal-konstruktivistische/-r oder solipsistische/-r oder subjektiv-idealistische/-r ontologische/-r (und dann auch epistemologische/-r) oder gnoseologische/-r Theist/-in kann zwar behaupten, dass alles konstruiert sei oder seinem/ihrem jetzigen Bewusstsein/Bewusstseinszustand entspringe und (ein) Gott dennoch real objektiv existent sei.
    Aber wie sollte er/sie das begründen, geschweige denn beweisen, wenn er/sie aus seiner/ihrer Konstruktion der Welt oder seinem/ihrem jetzigen Bewusstsein/Bewusstseinszustand gar nicht „heraustreten“ kann und die ontologische (und dann auch erkenntnistheoretische) oder epistemologische Position vertreten wird, dass alles konstruiert sei oder seinem/ihrem jetzigen Bewusstsein/Bewusstseinszustand entspringe?
    Dann kann keine logische Begründung dafür erfolgen, dass ein als real objektiv existent postulierter Gott dies auch tatsächlich sei und nicht konstruiert sei oder nicht seinem/ihrem jetzigen Bewusstsein/Bewusstseinszustand entspringe.

    Und damit kann (ein) Gott aus einer radikal-konstruktivistischen oder solipsistischen oder subjektiv-idealistischen ontologischen (und dann auch gnoseologischen) oder erkenntnistheoretischen Position nur eines sein: ein Hirngespinst.

    Gehen wir hingegen davon aus, dass es tatsächlich eine objektiv vorhandene Außenwelt gibt und diese zumindest näherungs- beziehungsweise teilweise korrekt erkannt werden kann, kann ein wie auch immer definierter Gott anhand des Wissens, das (bisher) über die Welt erlangt worden ist, überprüft werden.

    Und siehe da: Bisher sind alle Aussagen/Definitionen über (einen) Gott empirisch oder logisch widerlegt worden (nur beim Kalam-Argument bin ich mir derzeit leider noch unsicher).

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