Behauptung: „Die fundamentalen Konstanten des Universums sind perfekt abgestimmt; wären sie nur minimal anders, wäre kein Leben möglich gewesen. Folglich muss Gott diese Konstanten so eingestellt haben.“
Antwort: Das Feinabstimmungsargument behauptet: Wenn die fundamentalen physischen Konstanten des Universums nicht so „eingestellt“ wären, wie sie es sind, wäre kein Leben möglich. Folglich müsse ein Designer diese Konstanten bewusst so justiert haben.
Hier die Probleme bei diesem Argument:
- Wir wissen letztlich nicht, warum die physischen Konstanten so sind, wie sie sind. Wer Unwissen als Argument nutzt, begeht den Fehler des Ignoranzargumentes. Nur weil wir etwas nicht wissen, wird nicht automatisch ein bestimmter Gott zur richtigen Erklärung.
- Das Argument setzt etwas voraus, was wir nicht wissen können: Dass kein Leben möglich wäre, wenn die Konstanten anders aussähen. Wir haben keine Vergleichsuniversen und -urknälle.Und können das folglich nicht beurteilen, und unter Physikern herrscht Uneinigkeit darüber, wie groß der Spielraum bei diesen Konstanten jeweils ist (teilweise ist er größer, als von christlichen Apologeten behauptet wird).Und angesichts der Behauptung eines allmächtigen Schöpfers ist es sogar hochgradig absurd, zu behaupten, nur so wie bei uns sei Leben möglich.
- Nur weil etwas unwahrscheinlich ist, muss es nicht Absicht gewesen sein. Dass Leben in unserer Form entstehen konnte, könnte sehr unwahrscheinlich gewesen sein.Einen 6er-Pasch zu würfeln, ist auch sehr unwahrscheinlich. Denkt man aber etwas weiter, so stellt man fest, dass jede andere Würfelkombination gleich wahrscheinlich ist und uns der 6er-Pasch nur deshalb als etwas Besonderes erscheint, weil wir das willkürlich so festgelegt haben.Und genauso verhält es sich auch mit unserer Existenz: Für uns ist sie besonders, aber wäre irgendeine andere Art von Leben entstanden, so wäre deren Existenz wohl genau gleich unwahrscheinlich gewesen.
…daraus folgt nicht zwangsläufig…
- Nur weil etwas zu etwas anderem geführt hat, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Ursache bewusst zur Herbeiführung ihrer Wirkung eingesetzt wurde.In diesem Kontext heißt das: Nur weil die Bedingungen im Universum unsere Entwicklung ermöglichten, muss das nicht heißen, dass das gewollt war.Meine Großeltern sorgten mit der Wahl ihrer Kirchengemeinde für die Grundlagen für meine Existenz, weil mein Vater dann dort zur Kirche ging und meine Mutter kennenlernte. Aber sie taten das nicht bewusst, damit ich entstehe.
- Das Argument ignoriert, dass 99,999999% des Universums nicht für Leben geeignet sind. Und dass das Leben Jahrmilliarden voller grauenvoll-brutaler, ineffizienter Selektion brauchte, um sich hier etablieren zu können.Und auch heute sind die Bedingungen weit, weit entfernt davon, perfekt auf uns abgestimmt zu sein.
Repost des Beitrages mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Aus meiner Perspektive ist das Argument der Feinabstimmung keineswegs ein Argument FÜR Gott, sondern gegen Gott.
Meist liegt dem Argument eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeit zugrunde. Die Wahrscheinlichkeit wird umso geringer, je mehr Konstanten einen bestimmten Wert haben müssen, und je mehr Werte es gibt. Es ist so, als ob man beim Lotto siebenmal nacheinander die richtigen Zahlen erhielte. Das wäre in der Tat unwahrscheinlich. Folglich muss Gott seine Finger im Spiel haben.
Aber wie wahrscheinlich ist Gott? Gott ist nämlich selbst die unwahrscheinlichste aller möglichen Kombinationen. Ein Gott, der in der Lage ist, die komplexe Wechselwirkung der Naturkonstanten zu verstehen, und der sie zudem auf einen bestimmten Wert einstellen kann, ist ohne Frage sehr viel komplexer als die Naturkonstanten, die er beeinflusst. Folglich ist er noch sehr viel unwahrscheinlicher.
Wenn also Wahrscheinlichkeit ein Kriterium darstellt, dann ist Gott als Erster aus dem Rennen, da er/sie noch unwahrscheinlicher ist als alle anderen Optionen. Deswegen ist das Argument des Feintunings, wenn überhaupt, ein Argument gegen Gott.
Hier greift jedoch Argument #5: „Tja… man muss halt glauben.“
Wie der Artikel gut darstellt, ist es außerdem überhaupt nicht einzusehen, warum Gott ein Sklave irgendwelcher Naturkonstanten sein sollte. Ist er nun allmächtig oder nicht? Die Entdeckung, dass das irdische Leben auf bestimmte Naturkonstanten im Universum angewiesen ist, und nicht etwa auf Gottes Willen, sollte die Gläubigen eigentlich stutzig machen.
Ähnliches denkt sich die Pfütze, die sich über das genau für sie passend gemachte Loch freut. Dieses Argument der göttlichen Konstanten stinkt, es soll hinters Licht führen.