Argument #3: „Atheismus ist auch nur ein Glaube.“

Argumente unter der Lupe

Religiöse Argumente unter der LupeBehauptung: „Atheismus ist auch nur ein Glaube.“

Antwort: Nicht zwangsläufig. Wer nicht an Gott glaubt, muss nicht zwingend behaupten, es gebe keine Götter.

Wir als Nichtgläubige behaupten in der Frage nach Gott nichts, sondern nehmen nur die Behauptung nicht an, es gebe Gott, und müssen in der Folge an keinen unbegründeten Ansichten festhalten.

Würden wir behaupten, es gebe keine Götter, so würden wir etwas behaupten und müssten es begründen.

Analogie zur Verdeutlichung

Es gibt eine schöne Analogie zur Verdeutlichung: Stellen wir uns ein großes Glas mit lauter bunten Murmeln vor.

Davor stehen Person A und Person B.

MurmelglasA: «Ich denke, die Anzahl Murmeln ist gerade.»
B: «Das glaube ich dir nicht.»
A: «Aber es ist nicht bewiesen, dass die Anzahl ungerade ist!»
B: «Das habe ich auch nicht behauptet. Ich sehe nur nicht ein, warum du behauptest, sie sei gerade.»

Nicht an Gott zu glauben, ist nicht dasselbe wie zu behaupten, es gebe keinen Gott. Man kann auch einfach die gefällten Urteile anderer Leute ablehnen und keine ungerechtfertigten Behauptungen in den Raum stellen.

Schuldig oder nicht schuldig?

Es ist in diesem Zusammenhang zudem hilfreich, sich vor Augen zu führen, wie Gerichte vorgehen. Wird jemand des Mordes angeklagt, so lautet das Urteil nach dem Prozess nicht «schuldig» oder «unschuldig», sondern «schuldig» oder «nicht schuldig».

Das Gericht versucht, herauszufinden, ob es gute Gründe gibt, von der Schuld des Angeklagten auszugehen. Findet es keine, so wird der Angeklagte nicht für unschuldig erklärt, sondern es wird festgehalten, dass es keine guten Gründe gibt, ihn für schuldig zu erklären. Und dann hat er vernünftigerweise keine Verurteilung verdient.

Genau so sollte auch in der Frage nach Gott vorgegangen werden.

Die Christen klagen Gott der Existenz an, und wir Nichtgläubigen befinden ihn aufgrund mangelnder Belege nicht für schuldig.

Wenn uns dann die Christen vorhalten, wir hätten aber nicht bewiesen, dass er unschuldig sei, können wir nur mit den Achseln zucken und darauf hinweisen, dass wir das nicht behaupten und es kein guter Grund für eine Verurteilung ist.

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Ergänzung: Stichwort Theorie

„Theorie“ hat zwei Bedeutungen.

  1. alltagssprachlich: vorläufige Hypothese, Idee, Mutmaßung.
  2. wissenschaftstheoretisch: fundiertes, kohärentes, bestätigtes, nicht-falsifiziertes Aussagensystem über einen Teilbereich der Realität. „Theorie“ ist die höchste, zuverlässigste Stufe der wissenschaftlichen Modellbildung. (Beispiele: Geldtheorie, Atomtheorie, Keimtheorie, Evolutionstheorie)

Kreationisten verwenden irrtümlich die Definition 1 auf die Evolutionstheorie (eine Theorie der Definition 2). Sie gebrauchen fälschlich die alltagssprachlichen Bedeutung des Wortes „Theorie“, um Zweifel an der Glaubwürdigkeit des wissenschaftlichen Modells beim Hörer zu wecken. Viele kennen die unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes nicht.

Die gemeinsame Abstammung der Arten ist durch ein dichtes Netz gegenseitig stützender Evidenz aus Dutzenden Fachrichtungen als Tatsache nachgewiesen.

Die gemeinsame evolutionäre Abstammung ist genau so solide gesichertes Wissen, wie die Erdlaufbahn um die Sonne. Und es wäre genau so absurd und ein ebenso überwältigendes Zeugnis der eigenen Ignoranz, es abzustreiten. (Quelle: Jori Wehner via Facebook)

Argument #2: „Nur weil etwas nicht nachweisbar ist, ist es nicht inexistent.“

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Religiöse Argumente unter der LupeBehauptung: „Nur weil etwas nicht nachweisbar ist, ist es nicht inexistent.“

Antwort: Stimmt. Und das behauptet hier auch niemand.

Mit großer Sicherheit existieren Dinge, die wir heute (noch) nicht nachweisen können. Früher konnte man nicht nachweisen, dass alle Materie aus Atomen besteht. Man konnte auch nicht nachweisen, dass die Erde das Zentrum des Universums ist.

Die eine nicht nachweisbare Behauptung stellte sich als wahr heraus, die andere als falsch.

Das lehrt uns: Mit Urteilen über nicht untersuchbare Behauptungen sollte man sich zurückhalten.

Der Moment, ab dem es vernünftig ist, eine Behauptung als wahr zu akzeptieren, ist der, in dem man gute Gründe dafür gefunden hat.

Nur weil man nicht sicher weiß, dass eine Behauptung falsch ist, ist es nicht weise, von ihrer Wahrheit auszugehen.

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Argument #1: „Es wurde nie bewiesen, dass Gott nicht existiert.“

Argumente unter der Lupe

Religiöse Argumente unter der LupeBehauptung: „Es wurde nie bewiesen, dass Gott nicht existiert.“

Antwort: Eine Grundregel des logisch-kritischen Denkens: Wenn sich mit einem Argument eine riesige Anzahl absurder Behauptungen verteidigen lässt, ist es ein schlechtes Argument.

Und das ist bei diesem Argument in extremster Weise der Fall, denn man könnte sich wohl unendlich viele Dinge ausdenken, deren Inexistenz bislang nicht belegt wurde.

Der Vorbringende müsste also an eine unendliche Anzahl von Dingen glauben, wenn er dieses Argument für gültig hält.

Ausserdem kritisiert der Vorbringende hier die Beweislosigkeit einer Ansicht. Er impliziert also, dass Ansichten von Beweisen gestützt werden müssen. Und er muss sich im Folgenden der Frage stellen, ob er denn Beweise für seine Ansichten hat.

Wenn ihm – wie so vielen Theisten – die Unbewiesenheit seiner Ansichten egal ist, wäre es unredlich, die selbe Unbewiesenheit bei anderen Ansichten zu kritisieren.

Entweder oder!

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Ergänzung

Eine Existenz-Behauptung muss begründet werden, nicht eine Nichtexistenz-Behauptung. Und je verwegener und unplausibler die Behauptung ist, desto gravierender müssten die Argumente sein.

Ich muss also die Nichtexistenz Gottes gar nicht begründen, sondern umgekehrt müssten die Gläubigen die Existenz ihres Gottes belegen. Und zwar mit wirklich starken Argumenten. Und nicht mit subjektiven Gefühlen und vormittelalterlichen Mythen und Legenden.